Garten muss man nur machen.


Und um sich wohl zu fühlen braucht es Struktur. Nicht zu viel aber auch nicht zu wenig. Denn selbst wenn es bei uns teilweise etwas chaotisch zugeht, so hat jedes Bäumchen, jeder Strauch und jedes kleine Würmchen sein Platz in unserem Biotop. Nicht alles erklärt sich immer von selbst, manchmal findet man im allergrößten Unsinn noch den Sinn dahinter. Und das tollste ist doch, dass es für jeden auf seine Art am besten funktioniert. Jeder ist Herr des eigenen Ackers. Im Folgenden erklären wir kurz und knapp jedes der Konzepte nach denen wir im Garten26 gärtnern.

 

 

#urbangardening

Macht ein Stadtmensch, der im Alltag nach der Farbe grün in seinem Umfeld schmachtet. Die Sorte von Leuten die früher auf dem Weg vom Kindergarten nach Hause Blumen für Mama gepflückt haben. Dieser sogenannte "Homo urbangardensis" findet meist schon in seiner von Stahlbeton und Asphalt geprägten Jugend den Hang zum Chlorophyll. Er schmückt seine vierkantige von Asbest verseuchte Altbauhöhle mit Palmen und Gummibäumen, in dem Versuch seine Umwelt positiv zu gestalten. Mit seiner ersten Wohnung bekommt Homo urbangardensis Zugang zu lichtgefluteten Fensterbänken und einem Balkon, die sofort mit schmucken Miniampeltomaten und Kräutern des Südens aktiv bewuchert werden. Unzählige Pötte und Bottiche, Kübel und Töpfe werden mit Erdreich gefüllt, dann mit der Wunschkultur besamt und anschließend in das innerstädtische Heimbiotop assimiliert (siehe #containergardening). Andere Menschen dieser Sorte die keinen Zugang zu unbebauter und sonnendurchfluteter Anbaufläche haben, greifen innerhalb der Stadtmauern zu weit radikaleren Maßnahmen. Diese freien Gartengenossen wie wir sie nennen, bepflanzen unerlaubterweise innerstädtische öffentliche Grünflächen mit Blumenmeeren und Oasen der Schmackhaftigkeiten (siehe #guerillagardening). So werden triste Verkehrsinseln zu farbenfrohen Augenweiden und Hundewiesen zu Veggie Paradiesen. Eine Climax seiner Bedürfniserfüllung erreicht Homo urbangardensis letztendlich durch den Akt des Beitritts in einen Kleingartenverein, der ihm die agrikulturelle Bewirtschaftung einer kleinen Parzelle in einem streng definierten Rahmen und nach Entrichtung einer nicht zu geringen Pachtgebühr ermöglicht. Da kann er es endlich so richtig wuchern lassen, mit viel Biomasse die auf dem Boden verrotte,t und mit Hilfe der Würmer und der Bienen.

 

#polyculture

Das Gegenteil von Monokultur, also dem was man bei uns so auf den Feldern sieht. Bezeichnet den Anbau mehrerer Spezies in direkter Nähe zueinander auf gleicher Anbaufläche. Also beispielsweise Blumen zusammen mit Obststräuchern, Kartoffeln, Tomaten, Kürbis, Mais, Stauden, Zwiebeln und Bohnen in einem Beet. Das muss nicht in Reihen sein, und sieht erstmal chaotisch aus. Nicht so wie im klassischen Reihenbeet. Der Sinn dahinter liegt in der Steigerung der Resilienz der Pflanzen, also der Steigerung der Abwehr gegen Beikraut, Schädlinge und Parasiten, da sich diese in Anbetracht der Artenvielfalt nicht breit machen können. Man muss keine Angst haben, dass eine Heuschreckenplage einem die gesamte Ernte weg frisst oder ein Pilz alles dahin siecht. Chemo sprühen braucht man dann auch nicht, weil die Pflanzen von der direkten Nähe zueinander profitieren (siehe #companionplanting). Man muss sich dann auch nicht mehr so viel darum kümmern, weil alles einfach nur noch wunderbar wuchert.

 

#companionplanting

Das kommt vom "Begleiter". Wir nennen sie bei uns "Genossenpflanzen". Genossen zu pflanzen bedeutet im Grunde, dass man bewusst Pflanzenarten nebeneinander setzt, die sich gegenseitig irgend einen Vorteil bringen. Man sieht es nicht auf den ersten Blick, aber diese vorteilhaften symbiotischen Beziehungen kommen in der Natur vielfältig vor. Man denke an die sogenannten "Drei Schwestern" oder Milpa. Die Einwohner Amerikas bauten seit jeher Mais zusammen mit Kürbis und Bohnen an. Während der Mais in die Höhe schießt können sich die Bohnen an ihm hoch ranken, und der Kürbis bedeckt den Boden und hält ihn feucht und fruchtbar. Eine win-win Situation für alle Beteiligten. Ein weiteres gutes Beispiel für #companionplanting ist das Anpflanzen von Tagetes direkt mit in die Gemüsebeete.  Auf der einen Seite hassen Schnecken wohl den Geruch dieser wunderbaren Pflanze und schlabbern dann auch nicht vom kostbaren Gemüse. Auf der anderen Seite werden unzählige fliegende Brummer von der orangenen Blütenpracht angelockt. Diese bestäuben in ihrem Rotgelbrausch die Gemüsepflanzen gleich mit. Zwiebeln und Erdbeeren vertagen sich wunderbar nebeneinander, und hunderte weitere Beispiele. Diese Anbaustrategie dient durch die Erhöhte Anzahl an unterschiedlichen Spezies pro Fläche aber ebenso der Steigerung der Resilienz der Pflanzen (siehe #polyculture).

 

#permaculture

Das ist die Königsdisziplin des Gärtners und lässt sich des Verständnisses halber mit dem medizinischen Begriff der Homöostase erklären. Bedeutet soviel wie dass das System so im Einklang ist, dass es keinen Eingriff des Menschen braucht um Früchte zu tragen. Es ist praktisch wie im Wald, alles erhält sich wie von selbst, alles läuft von alleine. Im Wald ist es nämlich so, oben wird Biomasse produziert, unten wird Biomasse destruiert. Dazwischen wird nur noch gepflückt. Ein perfekter Kreislauf. Mehrjährige Kultivaren werden größer und Einjährige samen sich von selbst aus und sorgen so für Nachwuchs im Folgejahr. Bedenkt man einige biodynamische Prinzipien des Jungels, und beachtet diese bei der Gartenplanung und Beetgestaltung, kann man wunderbar schnell eine kleine grüne schöne Welt in einer großen grauen tristen Welt schaffen sie sich von selbst erhält. Man macht das mit viel Biomasse die auf  dem Boden liegt und verrottet damit die guten Pilze, Bakterien und Würmer kommen und den Boden fruchtbar machen (siehe #deepmulching). Das sieht dann nicht aus wie im typischen deutschen Schrebergarten. Weil es wuchert wie im Garten Eden, so dass sich selbst Tarzan darin heimisch fühlt. Ist das System nach wenigen Jahren erst einmal etabliert und nachhaltig im Gleichgewicht, muss man nicht mehr viel machen außer die Früchte zu genießen die der Boden hergibt.  Oder die Sträucher und Büsche. Oder die Stauden und Bäume. Durch viel Biomasse wird alles ganz einfach. Man kann damit ganze Landstriche wieder bewalden (siehe #regenerativeagriculture). Und aus diesen Wäldern kann man sich jeden Tag gesund ernähren (#foodforest). Daneben beinhaltet der Begriff #permakultur weitaus mehr Aspekte die allesamt die Resilienz der angebauten Pflanzen steigern und generell das Wuchern unterstützen. Letztendlich simulieren die meisten landwirtschaftlichen Anbaukonzepte natürliche biodynamische Vorgänge, der Umfang und Nähe zu Gaia entscheidet letztendlich über den Erfolg. Das krasse Gegenteil davon sieht man bei uns auf den Feldern (siehe #FCKGMO).

 

#squarefootgardening

Square kommt von Quadrat. Bei dieser Anbaustrategie teilt man die Beete in Quadranten mit genau einem Fuß Seitenlänge, das sind so 30 Zentimeter. Man kann auf kleiner Anbaufläche richtig viel Ertrag herausholen, wenn man sich an die vordefinierten Vorgaben beim bepflanzen der Quadrate hält und das ganze auch noch in einem schönen Hochbeet wuchert.. Es werden beispielsweise für eine Zucchini zwei Quadrate außen im Beet reserviert damit sie herunter kaskadieren kann, damit sie sich gut entwickelt und keinem in die Quere kommt. Während man auf der anderen Seite des gleichen Beetes die restlichen freien Flächen mit einer vordefinierten Anzahl Möhrchen pro Quadrat und vielleicht noch auf einem Quadrat die Chilipflanze setzt, und dann noch irgendwas herunter rankendes in die Ecke (siehe #polyculture). Diese Systematik steigert die Erträge, macht die Planung der Fruchtfolge einfacher wenn man dokumentiert, steigert die Resilienz der Pflanzen durch die bunte Vielfalt und macht nicht zuletzt die Pflege der quadratisch eingeteilten Beete einfacher. Am Ende sieht das Ganze aber nicht aus wie im klassischen Reihenbeet, eher chaotisch. Wie in der Natur.

 

#containergardening

Der Anbau von Nutzpflanzen in Gefäßen, Hauptdisziplin des Homo urbangardensis. Der Klassiker ist ein Blumentopf, aber Leute haben schon in allem was halbwegs hohl ist und sich mit Dreck stopfen lässt Obst und Gemüse angebaut. In alten Badewannen, Putzeimern, Stahlhelmen, Schweinetrögen und hohlen Baumstämmen. Bei manchen Gärtnern ist Plastik und Metall als Hohlraum trotz offensichtlicher Vorzüge verpönt. Diese Werkstoffe seien nicht nachhaltig und nur recycletes Material und Holz seien ökologisch vertretbar (siehe #sustainablegardening). Das geht auch vertikal platzsparend in die Höhe (siehe #verticalgardening). Die Idee eines Hochbeetes liegt nicht fern (siehe #raisedbeds), denn der Sinn dahinter ist der gleiche, viel Produktion auf geringer Anbaufläche. Man mischt seine edelste Erde selbst, und hat durch Löcher im Gefäßboden wunderbaren Abfluß. Andere gehen den hydroponischen Weg und nutzen nährstoffreiches Wasser als Medium, das durch Rohrsysteme zum nackten Wurzelwerk gepumpt wird. Zudem sind die ganzen Pötte und Bottiche zwar schwer aber immernoch  transportabel, sodass man den Balkon, die Fensterbänke oder Terrasse mit bunten Köstlichkeiten schmücken kann. Ertragreich ist das ganze dann auch noch wenn man an Kartoffeltürme, Erdbeertöpfe oder Ampeltomaten denkt. 

 

#sustainablegarden

Der nachhaltige Garten. Da fallen jetzt wieder ganz viele Gartenkonzepte unter diesem Hashtag zusammen. Die Stadt wird sich wohl nie nachhaltig selbst ernähren können, und wird wohl bis in die Ewigkeit auf die Feldfrüchte von außerhalb des Betonbollwerkes angewiesen sein (siehe #FCKGMO). Wir können uns jedoch ein kleines Puffer schaffen, um uns das ganze sinnfrei verballerte Benzin, den ganzen unnötigen Plastikmüll und vorallem die Gehirnwäsche beim Wocheneinkauf im Konsumtempel zu ersparen. Plastik ist aus Erdöl, das gab es nur einmal, somit ist alles aus Plastik disqualifiziert. Genutzt wird nur Holz als nachhaltiger Rohstoff, erweitert denkende Sustainisten akzeptieren jedoch auch recycletes Metall als Werkstoff im Biotop. Ausgebuddelte Steine seien OK, aber nicht die gebleichten vom Baumarkt die so nach verbranntem Gummi riechen sobald man sie aus dem Beutel nimmt. Holz hält eine Ewigkeit, auch wenn man es mit natürlichen Ölen schützt, da muss jetzt nicht das ganze Sortiment von Bayer Farben drauf. Auch Monsanto hat im Garten nichts verloren (siehe #FUCKGMO). Bei hartgesottenen Sustainisten stoßen selbst TF2 Hybride auf Abscheureaktionen weil sie nicht samenfest sind und somit nicht nachhaltig genug. Der Anbau von Biomasse um Kompost für das nächste Jahr anzulegen, Die Veredlung des Bodens durch zentimeterdicke Schichten verwesenden Mulches, der intensive Anbau von mehrjärigen Vegetanten und die Ansätze der Biodynamik des Waldes, all die Konzepte schaffen ein Gleichgewicht das sich einst etabliert nachhaltig von selbst ernährt, und ganz nebenbei auch uns erhält. Das kann man ein Stück weit auch auf der Fensterbank, dem Balkon, der Terrasse oder auch auf dem Dach mitten im heimischen Betonwald umsetzen. Lass es wuchern.

 

#verticalgardening

Schön geordnete Beete mit Kulturen in Reih und Glied, planwirtschaftliche Vorbereitung von Kulturen in Hochbeeten, chaotisch wirkende Hügelbeete - alles schön und gut. Was tun wenn das zu befruchtende Land jedoch limitiert ist? (Ist es das nicht immer?) Warum sind Agrikult(o)uristen nur in ihrer kognitiven Zweidimensionalität so einschränkend verhaftet? Die Lösung bietet der Logik zufolge die Dritte Dimension oder das sinngemäße Nutzen der Z-Achse in ihrer Planung. Hochbeete, wie der Name schon sagt, liegen in ihrer Natur nach in der Höhe und tangieren das Thema jedoch nur ansatzweise. Also was tun? Nun das was viele Menschen für sich bereits entdeckt haben und auch in Asien sehr beliebt ist - #verticalgardening. Kartoffeltürme in Autoreifen oder Tonnen, sich den Wänden hochrankende künstliche Formen der Bepflanzung, seien es Tontöpfe, alte Flaschen oder die allseits beliebten Europaletten, die aufrecht gestellt wunderbare Minibeete ergeben können. Der Kreativität sind keine Grenzen gesteckt in diesem Fall. Die Japaner fahren das im großen Stile auf und kultivieren in hohen Gebäuden ihre Greens auf diese Weise. Man möge meinen man bewege sich in einem Lager voller hoher Regale, in dem Produkte stehen, die nur auf ihre Auslieferung warten. Mit dem Unterschied das es nur so grünt und hell erleuchtet via LED, dass es einem Selbst das Gefühl gibt agrikulturell hinterherzuhinken. Also lasst es sprießen und gedeihen, sowohl die Kreativität, als auch die Nahrung.

 

Erstmal genug. Wenn mal jemand Bock hat soll er sich einlesen. Mehr Konzepte werden im Laufe der Zeit hinzugefügt.

 

 


Steine schichten.

Frühwinter.

Der Herbst.

Anfang September.

Nochmal Hitze.